Das kam für viele unerwartet: Zum 1. August ändert die Lauenburger Verwaltung den Umgang mit Fundtieren. Statt dem bisherigen, niedrigschwelligen Angebot für den Finder über das täglich verfügbare Tierheim als Meldestelle, das dann z.B. bei scheuen Fund-Katzen, die sich im Gebüsch verstecken, einen Einfang-Service über geschulte und erfahrene Ehrenamtliche mit entsprechendem Fang-Equipment anbietet, wird der korrekte Umgang mit einem Fundtier zukünftig zum Behördengang.
Ab Dienstag müssen Menschen, die Mitleid mit ihnen bis dahin unbekannten Tieren in einer Notsituation haben, entweder zum Ordnungsamt, zur Polizei oder gar den Notruf wählen. Ein Unding, sagt die Lauenburger SPD.
„Die Stadtverwaltung hat hiereinseitig eine gut funktionierende Regelung aufgekündigt. Wir als Politik und der Lauenburger Tierschutz, bspw. die Interessengemeinschaft ‚Lauentown Katzenfreunde‘, wurden im Vorwege weder konsultiert noch informiert. Hier sollen mit der Brechstange vollendete Tatsachen geschaffen werden!“, ist der SPD-Fraktionsvorsitzende Immo Braune wütend.
Dass die derzeitige Auslastungs-Situation im Tierheim Geesthacht, welches auch für Fundtiere aus Lauenburg und dem Amt Lütau zuständig ist, inakzeptabel ist, bestreiten die Sozialdemokraten nicht. Erst im März hatte die Lauenburger Stadtvertretung die Pauschale zur Fundtierverwahrung, die an das Geesthachter Tierheim gezahlt wird, nahezu verdoppelt.
„Daswar richtig und wichtig“, stellt Sabine Kowald fest. Die Stadtvertreterin ist für die SPD Sprecherin im zuständigen Ausschuss für Umwelt, Energiewende und Digitalisierung.
„Aber: Mit der neuen Regelung, Fundtiere zum Behördengang zu machen, schaden wir vor allem den notleidenden Tieren. Die Bereitschaft, den Gang zur Behörde zu machen, ist sicherlich nicht so hoch, wie kurz im Tierheim direkt oder unsere engagierten Lauenburger Tierschützerinnen und Tierschützer niedrigschwellig zu kontaktieren. Im Zweifel wird ein Fundtier wahrscheinlich eher liegen gelassen, als die Nummern der Behörden zu wählen“, befürchtet Kowald.
Außerhalb der Öffnungszeiten des Ordnungsamts ist zukünftig die Lauenburger Polizeiwache für Fundtiere zuständig. Da diese nicht rund um die Uhr besetzt ist, soll dann die 110 gewählt werden. „Immer wieder wird darüber berichtet, dass der Polizeinotruf überlastet ist. Jetzt soll sich dieser auch noch mit Fundtieren und deren Sicherung befassen“, wundert sich die Stadtvertreterin.
Neben der Regelung an sich ärgern sich die Genossen aber auch über die Art und Weise, wie die neue Regelung eingeführt wurde. Hierüber fand vorher keine politische Diskussion statt.
„Die Verwaltung hat unabgesprochen eine jahrelang gut laufende Praxis einseitig aufgekündigt. Wir werden daher das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Ausschusssitzung setzen“, kündigt Braune an.
Neben der Politik wurden auch die Lauenburger Ehrenamtlichen, die eng mit dem Tierheim kooperieren, nicht informiert.
„Im Gegensatz zur Stadtverwaltung haben wir als SPD uns mit den Katzenfreunden ausgetauscht. Nicht umsonst wurden die Katzenfreunde auf unseren Vorschlag 2019 mit dem Ehrenteller ausgezeichnet!“, zeigt sich Braune an der Seite der Ehrenamtlichen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende macht eine weitere Ankündigung. In zahlreichen Berichten wird behauptet, dass die Lauenburger Katzenschutzverordnung auch eine Kastrationspflicht vorsähe.
„Dies ist bisher nicht der Fall. Wir hatten die Kastrationspflicht schon damals beantragt, fanden dafür aber nicht die Zustimmung der Verwaltung und der anderen Fraktionen.“
Dies wollen die Sozialdemokraten nun ändern: Sie fordern wiederum die Aufnahme der Kastrationspflicht für Freigängerkatzen in die Katzenschutzverordnung.
Gerda Starke, Sprecherin des Netzwerks der „Lauentown Katzenfreunde – Straßenkatzenhilfe“, empfindet die neue Regelung als einen Schritt in die falsche Richtung.
„Diese neue Vorschrift soll laut Presseberichten auf einige wenige Fundtier-Schwindler abzielen und ihr Vorhaben vereiteln, sich mit einer Lüge bequem ihres lästig gewordenen Haustieres zu entledigen. Mit der neuen Fundtier-Vorschrift stellt die Behörde aber generell jeden, auch den ehrlichen, tierfreundlichen und hilfsbereiten Bürger unter Generalverdacht, dass etwas bei seinem gefundenen Tier nicht mit rechten Dingen zugeht. Es wird also mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Das geht gehörig nach hinten los“, befürchtet sie.
„Man schafft keine Bürgernähe und hilft keinem notleidenden Tier, indem man die Latte einfach höher legt und die Kriterien für Fundtier-Aufnahmen per se verschärft. Diese schafft in erster Linie eine Kluft zwischen Amt und Bürger und sorgt für schlechte Stimmung. Ein Tier in Not ist und bleibt ein Tier in Not. Hiervon rutscht einiges an Elend zukünftig unter der behördlichen Messlatte durch, weil der Bürger dann doch lieber wegguckt“, bedauert sie.
„Bei Katzen, die die größte Anzahl der Tierheim-Insassen ausmacht, gäbe es dabei doch eine sehr einfache Lösung für dieses Problem: eine kommunale Katzenschutzverordnung mit Kastrations- und Kennzeichnungspflicht inklusive Registrierpflicht. Diese würde mittel- und langfristig auch für das Geesthachter Tierheim Entlastung bringen. Doch drei der Vertragspartner des Tierheims, die Stadt Geesthacht, das Amt Hohe Elbgeest und das Amt Lütau, haben und wollen eine solche Verordnung bisher nicht. Dass eine Katze auf den Namen ihres Halters registriert sein muss, schützt das Tier gesichert vor versuchter Fundtier- Schummelei und vor Aussetzungen, denn der Halter ist ermittelbar und kann zur Verantwortung gezogen werden. Nur eine solche Katzenschutzverordnung ergibt Sinn. Ich weiß nicht, warum die drei Ämter diese wirksame Waffe nicht ergreifen wollen, sondern stattdessen jetzt auf noch mehr Bürokratismus setzen. Und noch weniger verstehe ich, wieso Lauenburg sich auf dieses Level wieder runterziehen lässt. Mit Lauenburgs Katzenschutzverordnung „light“ und der Chippflicht, die seit 2021 schon vielen Fundkatzen einen Tierheimaufenthalt erspart hat, war Lauenburg schon einen erheblichen Schritt weiter. Lauenburg beweist seit 2021 beispielhaft, wie wirksam eine Katzenschutzverordnung ist. Den Schritt zurück hat zumindest Lauenburg gar nicht nötig“, bringt die Sprecherin der Lauenburger Katzenfreunde es auf den Punkt.
Zu der von der Behörde beabsichtigten Wirkung meint sie:
„Dieses neue Verfahren ist keine Lösung, es schafft nur andere Probleme. Wer sein lästig gewordenes Tier partout loswerden will, lässt sich nicht davon abhalten. Wenn nicht auf der Straße, landen sie vielleicht in einem anderen Amt oder in einer anderen Stadt doch noch als Fundtiere in einem Tierheim, traumatisiert und unterernährt, womöglich krank, verletzt oder tot“, verweist Starke auf ihre Erlebnisse bei der Fundtiersicherung von Katzen.
Ob benachbarte Tierheime und Ordnungsämter über die so erfolgte Kostenumverteilung glücklich sein werden, wagt sie zu bezweifeln. Und landen die Katzen nicht im Tierheim, sondern bilden am Stadtrand neue, wilde Nester, hat die Stadt Lauenburg das Problem und die entstehenden Folgekosten dann für Jahre wieder der Straßenkatzenhilfe und damit dem Ehrenamt aufs Auge gedrückt.
„Finanzielle Unterstützung bekommt unsere private Interessengemeinschaft nämlich keine von der Stadt. Nur mal einen Ehrenteller“, schmunzelt sie abschließend.