Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. März 2022
TO 1 – Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2022 (Haushaltsgesetz 2022); Drucksache 20/1000
Dr. Nina Scheer (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte zunächst ein paar Worte an Herrn Mattfeldt richten. Sie haben zuletzt ein bisschen versöhnlicher geklungen, aber Sie haben auch sehr gönnerhaft ausgeführt, dass wir den Haushalt noch verbessern könnten. Ich muss Sie daher daran erinnern, dass etwa die Nationale Wasserstoffstrategie – vorgelegt von unserem ehemaligen Wirtschaftsminister, Herrn Peter Altmaier – gerade einmal 13 Prozent für erneuerbare Energien im Bereich Wasserstoff im Jahr 2030 vorgesehen hat. 13 Prozent – das war die Handschrift, mit der wir zu tun hatten unter Ihrer Wirtschaftsführung in der Koalition. Das war einfach nicht in Ordnung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Insofern bin ich froh, dass dieses Kapitel abgeschlossen ist. Wir brauchen von Ihnen wirklich keine Belehrungen, wie dieser Haushalt auf den Weg zu bringen ist und wie die Energiewende zu stemmen ist. Und ich möchte hier aufs Schärfste zurückweisen, wenn aufgrund der aktuellen Situation, der bekannten Krisen, es nun notwendig geworden ist, ein zweites Entlastungspaket zu schnüren und hierbei auch Nachtzeiten in Anspruch zu nehmen. Alle haben daran mitgewirkt, dass das ermöglicht wird, aber Ihnen fällt dazu nichts anderes ein, als hier der Öffentlichkeit zu suggerieren, dass die Minister nicht in der Lage seien, das zunächst dem Parlament zu präsentieren. Das ist einfach billig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die aktuell steigenden Energiepreise zeigen, wie schnell aus Abhängigkeit von fossilen Energien Handlungszwänge werden können. Insofern ist auch die Energiepreiskrise, die eine Preiskrise der fossilen Energie ist, ein Barometer für die Verwundbarkeit von Volkswirtschaften. Diese fortbestehende Abhängigkeit von fossilen Ressourcen muss auch vor dem Hintergrund des Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine als Zeitraffer (C) betrachtet werden. Dieser Zeitraffer eröffnet uns Schaltstellen, um jetzt akut und drastisch zu handeln, etwa mit
dem zweiten Entlastungspaket, aber auch mit weiter gehenden Maßnahmen. Wir debattieren morgen einen Gesetzentwurf zu Gasspeicheranlagen im Bundestag; auch das ist eine Reaktion auf die aktuelle Situation. Es ist natürlich auch aufs Schärfste zurückzuweisen, dass Russland jetzt auf vertragswidrige Weise die Energieimporte in Rubel beglichen haben möchte. Das ist vertragswidrig; das ist keine Frage der Verhandlung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zur Energiesicherheit gehört auch die Frage der Entlastung; ich habe das angesprochen. Ich möchte betonen: 15 Milliarden Euro wurden bereits vereinbart. Das muss doch mal festgehalten werden!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die heute beschlossenen und vorzustellenden Maßnahmen sind weitere Möglichkeiten. Die einmaligen Heizkostenzuschüsse sind auf den letzten Metern noch mal verdoppelt worden; 710 000 Menschen profitieren davon. Und auch die EEG-Umlage wird jetzt zur Mitte des Jahres vorzeitig abgesenkt, was natürlich eine enorme Entlastung ist.
Herr Perli, ich muss Sie korrigieren: Das ist jetzt nichts, was irgendwo jenseits der Energiewende ist, nein. Durch die Absenkung der Strompreise begünstigen wir auch Wärmepumpen. Und natürlich ist das ein Bestandteil der Energiewende.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Victor Perli [DIE LINKE])
Das darf man nicht separiert betrachten. Zur Energiesicherheit gehört auch, fiskalpolitisch schnell weiter voranzukommen. Deswegen sieht auch der Energie- und Klimaschutzfonds – die neue Bezeichnung wird „Klima- und Transformationsfonds“ sein – weitere Aufwüchse vor; das ist ganz klar. Aber auch regulativ müssen wir natürlich vorankommen. Deswegen ist es so wichtig, dass zu Ostern jetzt schnell ein großes Paket mit weiter gehenden Maßnahmen kommt, dass wir die Hemmnisse beseitigen, dass Planungssicherheit geschaffen wird, dass der Aufbau erneuerbarer Energien schnell vorangeht. Die erneuerbaren Energien schicken uns keine Rechnung!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das sind – frei nach Franz Alt – die bezahlbaren Energien. Importabhängigkeiten bringen uns hingegen in Geiselhaft, und daraus müssen wir uns befreien.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zur Rede in der Mediathek des Deutschen Bundestags